Was ist Systemtheorie?

Bereits in den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts begannen Wissenschaftler ihre Forschungen zu einer neuen interdisziplinären Betrachtungsweise zunächst naturwissenschaftlicher, später auch sozialer und psychischer Prozesse und begründeten damit die Allgemeine Systemtheorie. Mittlerweile gilt sie als eigenständige wissenschaftliche Disziplin.
Die Welt systemisch zu betrachten heißt, sie nach folgenden Grundannahmen zu sehen:

1. Jeder Mensch ist Teil eines Systems. Sein Denken, Fühlen und Handeln wird bestimmt durch die Erwartungen, Vorbilder, Regeln, Werte, Aktionen und Reaktionen seines sozialen Umfelds, sowohl im privaten (Familie) als auch im beruflichen Bereich.
2. Jedes System ist darum bemüht, stabil zu bleiben und seine ihm eigene Ordnung zu bewahren. Aus dieser Annahme entwickelte sich der Kybernetik*-Begriff.
3. Jeder Mensch erlebt die Welt aus dem Blickwinkel seiner eigenen Wirklichkeit, die individuell geprägt ist durch seine ganz individuelle Erfahrung von Welt. Aus ihr heraus baut er mit seiner Kreativität eigene Welten bzw. eigene Konstrukte. Die Kernthese besagt, dass Lernende im Lernprozess eine individuelle Repräsentation der Welt schaffen. Diese Sichtweise nennt man Konstruktivismus.

Was bedeuten diese Grundannahmen für unsere systemische Vorgehensweise?

Um Konflikte und Probleme von und zwischen Menschen zu erkennen und zu lösen, betrachten wir nicht nur das Individuum, sondern auch seine soziale Einbindung. Wir respektieren und berücksichtigen die unterschiedliche Wahrnehmung von Wirklichkeit, die ganz persönliche „Landkarte“. Dies alles geschieht völlig wertneutral.
Kommunikation kann dabei sowohl verbal (mündlich und schriftlich) als auch non-verbal stattfinden. Hierbei nutzen wir unsere Intuition. Sie ermöglicht es uns, über alle Schranken hinweg eine Ebene menschlicher Verständigung zu erreichen. Eine systemisch-intuitive Vorgehensweise fragt nicht nach sozialer Herkunft, Religionszugehörigkeit, Geschlecht, politischer Ansicht oder Nationalität. Der Blick durch die intuitive Brille sieht nur den Menschen und seine individuelle Landkarte und eine neutrale Haltung unterstützt die Betrachtungsweise der individuellen Konstrukte.

Systemtheoretische Begriffe werden in den verschiedensten wissenschaftlichen Disziplinen angewandt: „Die Systemtheorie hat von Anfang an das Ziel verfolgt, der Zersplitterung des Wissens in den wissenschaftlichen Disziplinen entgegenzuwirken.“

(Günter Ropohl: Allgemeine Systemtheorie – Einführung in transdisziplinäres Denken. Edition Sigma, Berlin 2012.
* ist die Bezeichnung für ein wissenschaftliches Programm zur Beschreibung der Regelung und Steuerung komplexer Systeme.